dragon dreaming playbook

© Alle Rechte vorbehalten

Click "Enter" to submit the form.

Ein Landesverband stellt sich neu auf: Dragon Dreaming Workshop mit dem fdk_SH

Use Case: Ein Landesverband formiert sich neu

Während der Corona-Pandemie haben sich die Mitgliederzahlen des Landesverbandes freie darstellende Künste Schleswig-Holstein (fdk_SH) verdoppelt. Das Engagement der Mitglieder hat stark zugenommen. Gleichzeitig hat der Verband die Möglichkeit, die neue Gastspielförderung im Land mitzugestalten. Die partizipativen Methoden von Dragon Dreaming halfen den Mitgliedern dabei, sich neu aufzustellen und die Gemeinschaft zu stärken.

​Die Herausforderungen und Chancen

Seit rund zehn Jahren gibt es den Landesverband freie darstellende Künste Schleswig-Holstein (fdk_SH, fdk-sh.de). In ihm organisieren sich Theaterschaffende des norddeutschen Bundeslandes zumeist ehrenamtlich, um sich für ihre Interessen einzusetzen. Das ist nicht immer leicht. Zum einen müssen die Künstler:innen ohnehin sehr viel arbeiten, um ihre Existenz zu sichern. Da bleibt oft wenig Zeit für zusätzliche, ehrenamtliche Verbandsarbeit. Zum anderen gehören zu den freien darstellenden Künsten sehr unterschiedliche Professionen mit verschiedenen Bedürfnissen und Anliegen: im fdk_SH gibt es zum Beispiel so unterschiedliche Berufe wie Puppenspieler:innen, Tänzer:innen, Performance-Künstler:innen oder Kinder- und Jugendtheater und viele mehr. Da ist es nicht immer leicht, eine Position zu finden und/oder alle Interessen unter einen Hut zu bekommen. Schließlich kann in diesem Bereich – in dem die Künstler:innen um chronisch knappe Förderungen konkurrieren müssen – Solidarität auch manchmal ein Wagnis sein.

Doch durch die Corona-Pandemie hatte sich so einiges geändert. Auf einmal hatten Künstler:innen Zeit. Gleichzeitig suchten sie Orientierung, Unterstützung und Gemeinschaft. Außerdem konnte der Verband erstmals eine Teilzeitkraft anstellen und bekam darüber hinaus auch noch die Chance, die Gastspielförderung mitzugestalten, die das Bundesland Schleswig-Holstein bis 2024 einführen möchte. Der fdk_SH sah sich dadurch auf einmal in der großartigen, aber auch herausfordernden Lage, sich neu aufzustellen. Daran wollten Vorstand und Mitglieder möglichst viele beteiligen. Das ehrenamtliche Engagement zu fördern war dabei eines von mehreren erklärten Zielen, mit denen der Landesverband auf mich zukam und sich eine Begleitung mit Dragon Dreaming wünschte.

Dragon Dreaming Facilitation mit Ilona Koglin

​Drei Träume, drei Methodiken, drei Workshops

Als der fdk_SH in Kooperation mit dem Theater Niridu (http://niridu.de/) auf mich zukamen, stand bereits fest, dass es drei Workshops geben sollte – und worum es in jedem dieser Workshops gehen sollte: Im ersten sollte eine gemeinsame Vision für den Landesverband insgesamt entstehen. Außerdem wollten sich die Mitglieder darüber austauschen, was ihnen bei der neuen Gastspielförderung wichtig ist.

Im zweiten Workshop sollte dann die Kommunikation im Vordergrund stehen. Und zwar die mit dem Publikum, der Politik und den Veranstaltern (was nicht nur Theater, sondern – zum Beispiel im Bereich Kinder- und Jugendtheater – auch Kitas, Schulen, Vereine oder ähnliches sein können).

Im dritten Workshop wollten die Theaterschaffenden dann ihren Vorschlag für die Gastspielförderung ausarbeiten. Anwesend sollten hier auch eine Expertin für die Gastspielförderung aus Rheinland-Pfalz sein sowie eine Verwaltungsangestellte aus Schleswig-Holstein, die unter anderen mit der geplanten Gastspielförderung betraut war.

Dragon Dreaming Facilitation mit Ilona Koglin

​Workshop 1: Visionen entwickeln mit Dragon Dreaming

Im ersten Workshop setzte ich vor allem die Methoden von Dragon Dreaming ein. Wir starteten mit einem Prozess des kollektiven Geschichten erzählens: Gemeinsam berichteten alle Mitglieder, wie sie zum Verband gestoßen sind und was ihre Highlights sowie Lowlights bisher waren. Dies alles schrieben sie auf einzelne Karten. Entlang einer auf dem Boden ausgelegten Schnur sortierten wir die Ereignis- und Erinnerungskarten gemeinsam in einer gedachten Zeitlinie. So kam es nicht nur zu einem informativen Austausch zwischen den »alten Hasen« und neuen Mitgliedern. Am Ende lag auch ein eindrückliches Bild vor uns auf dem Boden – die Geschichte des Verbandes!

Danach entwickelten wir mit der Dragon-Dreaming-Methode »Traumkreis« Visionen. Einerseits für den Verband insgesamt (Zeitraum: 5 Jahre). Andererseits ganz konkret für die Gastspielförderung. Als besonders hilfreich empfanden die Teilnehmenden dabei, dass sie im Kreis nacheinander reden und sich gegenseitig tief zuhören. Dadurch entstand, so ihr Feedback, eine ganz besondere Atmosphäre von gemeinsamer Kreativität, tiefem Austausch und gegenseitigem Kennenlernen. Das hat nicht nur mehr Klarheit in Bezug auf die Vision für den Verband und die Gastspielförderung gebracht, sondern auch den Gemeinschaftssinn gestärkt.

Im Laufe des ersten Workshops leiteten wir aus dem Traum für die Gastspielförderung auch noch die entsprechenden Teilziele ab. Diese führten uns zu vier verschiedenen Arbeitsgruppen, die die vier Teilziele mit der höchsten zeitlichen Priorität bis zum dritten Workshop erarbeiten wollten.

Ideen-Brainstorming: Dragon Dreaming Workshop mit Ilona Koglin

​Workshop 2: Kommunikationsideen mit Design Thinking

Im zweiten Workshop sollten Ideen für die Kommunikation mit dem Publikum, der Politik und den Veranstaltern entwickelt werden. Dazu kombinierte ich Methoden aus dem Dragon Dreaming mit dem Ablauf und den Methoden des Design Thinking. Los ging es nach einem Check-in in drei Arbeitsgruppen mit einem Brainstormung zu drei unterschiedlichen »How might we«-Fragen. Gut gestellte »Wie könnten wir«-Fragen sollen inspirieren und zu neuen Gedanken anregen. Bei Kreativen, wie den freien Theaterschaffenden, kein Problem: Flipchart-weise entwickelten sie Ideen über Ideen.

Während des Brainstormings findet jedoch noch keine Bewertung statt. Diese kommt erst im Schritt danach. In diesem Fall nutzten wir eine Matrix aus »niedriger – hoher Aufwand« (X-Achse) und »geringer – hoher Wirkung« (Y-Achse). Durch die beiden Achsen entstanden vier grobe Felder:

+ Now: Ideen, die sich leicht umsetzen lassen, aber auch keine große Wirkung entfalten.

+ Wow: Ideen, die sich nicht so leicht umsetzen lassen, aber eine große Wirkung entfalten.

+ How: Ideen, die sich schwer umsetzen lassen, aber ebenfalls eine große Wirkung entfalten.

+ No: Diese Ideen sind schwer umzusetzen und entfalten keine große Wirkung. Finger weg!

Die Wow-Ideen sind natürlich die »low hanging fruits«, die alle gerne haben: Sie lassen sich leicht umsetzen und haben auch noch eine große Wirkung. Doch auch die How-Ideen lohnen sich oftmals. Erstens entfalten auch sie eine große Wirkung, zweitens lernt man dabei meist recht viel. Alle Ideen, die im No-Feld landen, wollten die Mitglieder jedoch natürlich vermeiden.

Aus diesen Ideen wählten die Teilnehmenden pro Team eine aus und entwickelten am Nachmittag dafür einen Prototypen, den sie am Spätnachmittag einander vorstellten und aus der Runde Feedback dazu erhielten.

Ideen bewerten – Dragon Dreaming Workshop mit Ilona Koglin

​Workshop 3: Konsent-Entscheidungen und Open Space

Im dritten Workshop sollte es konkret werden: Die Träume und Ziele aus dem ersten Workshop sowie die Ergebnisse der Arbeitsgruppen zwischen den Workshops sollten nun zusammenkommen und zu einem möglichst konkreten Vorschlag für eine Gastspielförderung ausgearbeitet werden. Der erste Vormittag diente dem Informationsaustausch. Die Arbeitsgruppen stellten ihre Ergebnisse vor. Die Expertin aus Rheinland-Pfalz erzählte, wie sie in ihrem Bundesland die Gastspielförderung gestaltet haben.

Nachmittags arbeiteten einzelne Gruppen in einem Open Space an verschiedenen Themen. Am zweiten Tag stellten sie diese Ergebnisse vor. Dabei zeigte sich, dass es einige Aspekte gab, bei denen dringend eine kollektive Entscheidung anstand. Mit Hilfe des soziokratischen Entscheidungsfindungsprozesses suchten wir nach den Lösungen, die »gut genug für jetzt und sicher genug zum Ausprobieren« sind – wie der Wahlspruch für alle Entscheidungen in der Soziokratie lautet. Im Gegensatz zum Konsens geht es hierbei also nicht darum, dass alle mit der Entscheidung einverstanden sein müssen. Das Ziel ist es, die Lösungen zu finden, bei denen es keine schwerwiegenden oder besser gesagt die geringsten Widerstände gibt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Entscheidungsfindung ist das Sprechen im Kreis – für etliche der Teilnehmenden eine neue und wertvolle Erfahrung. Wie im Traumkreis sprechen die Teilnehmenden einer soziokratischen Entscheidungsfindung auch immer nacheinander und zwar reihum im Sitzkreis. Dabei gibt es zunächst eine Runde, in der ausschließlich Verständnisfragen geklärt werden. In zwei weiteren Runden können dann alle ihre Meinung zu dem Thema äußern. Auf diese Weise muss niemand befürchten, mit seinen oder ihren Anliegen nicht zu Wort zu kommen. In der Regel erfordert das zwar ein bisschen Disziplin, aber die lohnt sich, weil sich die Menschen so besser gegenseitig zuhören. Im Falls des fdk_SH war es so, dass einzelne Mitglieder durch diese Rederunden auch schon mal ihre Meinung komplett änderten. Nach den Runden war es meist recht leicht, die beste gemeinsame Lösung zu finden.

​Das Fazit

Die Praktiken der ko-kreativen Gemeinschaftsarbeit – wie Dragon Dreaming, Design Thinking, Open Space und Soziokratie – hat die Mitglieder des Landesverbandes bereichert, darin waren sich alle einig. Sie hat den Künstler:innen nicht nur die Zusammenarbeit erleichtert und sehr viel spielerische Elemente eingebracht, was die an sich anstrengenden Arbeitstage wesentlich leichter machte. Sie haben auch zu einem Teambuilding-Prozess geführt, den die meisten so in diesem Umfang nicht erwartet hatten. Die Teilnehmenden wuchsen als Gemeinschaft zusammen und lernten die Bedürfnisse, Sichtweisen und Ideen der Kolleg:innen sehr viel besser kennen.

https://fdk-sh.de
close

Lass dich inspirieren!

Per Klick akzeptierst du die Datenschutzerklärung

Leave a Comment.